Kenntnis über spezielle Fleischteilstücke, Fleischgerichte sowie Garzeiten

Wie schon in den Ausgaben über Rindervorderviertel und Rinderhinterviertel abgehandelt, ist Rindfleisch sehr vielseitig verwendbar.

So wird z. B. Fleisch von älteren Rindern mit grobfaserigen und sehnenreichen Muskelpartien zu Schmorgerichten oder zur Wurstherstellung verwendet. Das feinfaserige Fleisch jüngerer Rinder hingegen wird zum Kurzbraten angeboten. Hier gelten besonders die Fleischteilstücke Hüfte, Hochrippe, Roastbeef und Filet als wertvolles Rohmaterial, das eine entscheidende Gewinnerzielung in der Metzgerei darstellt. Grobschlächtiges Ausbeinen, falsche Zerlege- oder Zuschneidetechnik erfüllen nicht die Kundenerwartungen und führen deshalb zu Umsatzeinbußen. (Bei der Gesellenprüfung werden darum diese Kriterien besonders kritisch begutachtet.)

Besonders bei den oben genannten Vorzugsstücken zum Kurzbraten und Grillen sind neben dem fachmännischen Zuschnitt die Reifung und Lagerung für die Aufrechterhaltung der Qualität dieser "Gustostücke" von größter Wichtigkeit.

Fettansatz, Fettauflage oder die Marmorierung der einzelnen Kurzbratstücke oder Braten sind vom "Geschmack" des Verbrauchers abhängig und tragen zum Gelingen von Fleischgerichten nur indirekt bei.

Lende mit anhaftendem Filet ist ein Teil des Rinderhinterviertels (Rinderpistole). Das Roastbeef wird in der Regel am letzten Lendenwirbel vom Hüftknochen abgetrennt. Unter dem Roastbeef auf der gegenüberliegenden Seite des Knochens liegt das Filet. Beide Fleischteilstücke gehören zu den zartesten, "gefragtesten" und wertvollsten - nicht nur beim Rind. Die gesamte Lende (meist zusammenhängend mit Roastbeef und Hochrippe angeboten) eignet sich zum Braten - oder in Scheiben geschnitten - zum Kurzbraten und Grillen. Spezialitäten aus Roastbeef und Hochrippe mit oder ohne Knochen sind oftmals mit amerikanischen Wörtern bezeichnete Fleischteilstücke. (z.B. Prime-Rip, T-Bone- Steak usw.). Rindersteaks gehörten in Amerika schon in früherer Zeit zu den begehrten Fleischgerichten, und noch immer wird der "Steakkult in Amerika" sehr gepflegt. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde z.B. den Reisenden in den Saloons der Poststationen, den "Porterhouses", das bekannteste Steak, das Porterhousesteak (ein Kotelett vom Roastbeef und mit großem Filetanteil) serviert. Es ist das wertvollste aus dem letzten Teil des Rückens in Richtung Hüfte (Gewicht ca. 700 g bis 1000 g). Nicht minder geschmackvoll sind die T-Bone-Steaks (Rinderkotelett vom Roastbeef mit kleinem Filetanteil in Richtung Hochrippe ca. 400 g bis 600 g). Das Filet des Rindes ist sehr zart und deshalb entsprechend begehrt. Gegrillte Filetscheiben gelten als Eiweißbombe, Schlankhalter und sind deshalb auch bei Sportprofis sehr begehrt. Da es nur ca. 2,5 Prozent der gesamten Schlachtausbeute ausmacht, ist es vergleichsweise teuer.

Das Rinderfilet wird in drei Abschnitte eingeteilt:


1. Filetkopf

für Steak, Filetgulasch Stroganoff. Vom Filetkopf muss vor dem Kurzbraten die grobe Sehne entfernt und das Filetsteak evtl. "bridiert" (mit Küchengarn gebunden) werden, um die Steakform zu behalten. Das Garn wird vor dem Servieren entfernt.

2. Mittelstück

für Steak, Chateaubriand, Tournedos, Spieße. Dieses Vorzugsstück lässt sich zu Steaks aller Art verwenden. Ob gefüllt, bardiert und im Ganzen gebraten oder im kalten Zustand als Carpaccio verwendet, entfacht es bei den Gourmets stets ein besonders Essvergnügen.

3. Filetspitze

für Filet Mignon, Fondue, Geschnetzeltes. Die Filetspitze ist qualitativ dem gesamten Filet gleichwertig, wird aber wegen des kleinen Durchmessers nicht gerne für Steaks gekauft. Für Filet Mignon eignet es sich ebenso vorzüglich wie für Fondue, Geschnetzeltes oder für asiatische Gerichte im Wok. Überwiegend wird das Roastbeef knochenlos, gut gereift und - wenn möglich - marmoriert zum Kurzbraten (z.B. Entrecote, Entrecote double, Rumpsteak, Sirloin-Steak) oder im Ganzen gebraten als warmes oder kaltes Roastbeef zubereitet. Dasselbe gilt für die Hochrippe, die meist zusammenhängend mit dem Roastbeef als Lende gehandelt wird. Hieraus wird das bekannte Rib-Eye-Steak geschnitten.

Garen, Garzustand:

Es ist das Einfachste und das Schwerste zugleich, ein Stück Fleisch in der Pfanne oder auf dem Grill so zu garen, dass daraus ein Steak wird, das diesen Namen auch verdient. Dabei ist viel Erfahrung und ein bestimmtes "Fingerspitzengefühl" (Druckprobe) zum Ermitteln des Garzustandes unerlässlich. Als Fachverkäufer sollte man keine genauen Minutenangaben zum Steakbraten dem Kunden geben. Denn wer sich auf "genaue" Garzeiten, Temperatur - angaben und spezielle Rezepte verlässt, der hat beim Steakbraten meist Glück gehabt, wenn das Ergebnis trotzdem stimmt. Aber - ohne jegliche Gartipps will der "unsichere Kunde" dennoch nicht bleiben und ist daher für einen Rat des Fachverkäufers dankbar. Dazu zählen: Steaks sollten eine Fleischdicke von mind. 2 cm aufweisen. Steaks vor dem Kurzbraten oder Grillen frühzeitig aus dem Kühlschrank nehmen. Tiefgefrorenes Steak völlig auftauen. Fleisch immer gut trocken tupfen. Hoch erhitzbares Fett stark, aber nicht überhitzen. Von beiden Seiten anbraten, damit das Eiweiß gerinnt und eine zarte Kruste entsteht. Während des Garens würzen - Kräuter erst zum Garende zugeben. Hitze reduzieren, damit die Kruste nicht zu stark wird, es noch Gewürz aufnehmen kann und vor allem die Fleischfarbe innen nicht in "Grau" umschlägt.

Merke:

Mit zunehmender Erwärmung des Fleisches verändert sich der Muskelfarbstoff (Myoglobin) im Fleisch. Bei einer Kerntemperatur von etwa +70 °C wird das Steak "durch" (= grau). Die klassischen Arten: (Steakstärke ca. 2 cm) blutig (medium rare, saignant) = jede Seite ca. 2 Min. Kerntemperatur ca. +50 °C (Steak hat eine braune Kruste, ist innen rosa und im Kern noch blutig, der austretende Fleischsaft ist rötlich. Druckprobe: wabbelig, sehr weich), rosa (medium, à point) = jede Seite ca. 4 Min. Kerntemperatur etwa +60 °C (Steak hat eine braune Kruste, ist innen rosa, der austretende Fleischsaft ist nur noch rosa. Druckprobe: elastisch, weich) durch (welldone, bien cuit) = jede Seite ca. 5 Min. Kerntemperatur ca. + 70 °C. (Das Steak ist innen ganz durchgebraten. Saft ist hell und ganz klar. Druckprobe: gibt auf Druck nur noch ganz leicht nach.)

Diese Garart ist nicht zu empfehlen. Schade um das schöne Steak!

Fazit:

Zum Ermitteln des richtigen Garzustandes bei Steaks ist entweder viel Erfahrung nötig oder man "tastet" sich mit Hilfe obiger Ratschläge langsam an ein optimales Garergebnis heran. Denn üblicherweise wird beim Ermitteln des Garzustandes bei Steaks kein Kerntemperatur- Messgerät verwendet.

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entnommen aus: DER METZGERMEISTER 12/2009

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